roleplayRollenspiel

Wenn man Rollenspiel hört, gibt es bei den meisten recht unterschiedliche Reaktionen. Angefangen bei "Kenn' ich nicht!" über "Hat das nicht was mit Theater zu tun?" bis hin zu "Das ist doch das mit den Satansmessen und dem Hexenkult...!". Aus allen Reaktionen kann man aber einen Punkt erkennen: Die meisten wissen überhaupt nicht, was ein Rollenspiel wirklich ist! Mag es nun an mangelndem Interesse, purer Unwissenheit oder aufgeschnappten Vorurteilen liegen; wichtig ist, es muß mal gesagt werden, was es mit diesem Rollenspiel auf sich hat. Wie bei einem guten Buch beginnt dies meistens mit einer Vorgeschichte...

Die Vorgeschichte

Jeder kennt noch die Brettspiele, die man abends in trauter Familienrunde gespielt hat. Ob das nun Mensch ärgere Dich nicht oder später, etwas anspruchsvoller, Monopoly war, jeder hat gerne gespielt (na gut, nicht unbedingt jeder!). Auch in den USA gab es Leute, die gerne gespielt haben. Aber wie wir die Amerikaner kennen, mußten sie mal wieder aus der Reihe fallen und etwas anderes und besonderes machen (in diesem Fall war das unser Glück!). So entwickelte sich dort ein Trend zum größeren Brettspiel, dem sogenannten Tabletop. Wie der Name schon erkennen läßt, hat dies etwas mit einem Tisch zu tun, auf dem wurde nämlich gespielt. Der gesamte Tisch stellte hierbei die Spielfläche dar, die Spielfiguren waren detaillierte Zinnfiguren der verschiedensten Art. Nun wurde auf dem Tisch mit verschiedenen Hilfsmitteln eine Landschaft nachgestellt, und fertig war das Szenario für eine komplette historische Schlacht. Nun gibt es da noch einen wesentlichen Entwicklungspunkt, der aus einer ganz anderen Richtung kam, die Literatur!
Begründer einer völlig neuen und relativ ungewöhnlichen Thematik für einen Roman war ein Engländer namens John Ronald Reuel Tolkien, seines Zeichens Geschichtsprofessor und Sprachwissenschaftler. Sein Leben lang schrieb er mehr oder weniger an einem einzigen großen Werk, das später als Begründer der Fantasy-Grundgedanken in die Geschichte eingehen sollte: Der Herr der Ringe. Nach dem Tod von J.R.R. Tolkien (leider erst dann) erlebte die Fantasy den großen Boom.
Magie, sagenhafte Wesen und Monster, Abenteuer in düsteren und neuen Welten hatten Hochkonjunktur. Doch richtig begonnen hat erst alles, als beide Grundlagen, das Spiel und der Fantasy-Gedanke, zusammengeführt wurden. Und da sind wir wieder bei den Tabletop-Spielen und den USA.
In einem Nest namens Lake Geneva wohnte ein gewisser Gary Gygax, leidenschaftlicher Tabletop-Spieler und Zinnfigurensammler. 1965 begründete er einen kleinen Club mit dem klangvollen Namen Tactical Studies Association, der sich ausschließlich mit dem Tabletop-Spiel beschäftigte. 1971 entwickelte Guidon Games ein Regelwerk für mittelalterliche Tabletop-Spiele mit einem Anhang über den Einbau von Fantasy-Elementen. Als Gary Gygax dies in die Finger bekam, regte sich eine Entwicklung in seinem kleinen Club. Zusammen mit einem engen Freund gründete er die kleine Firma Tactical Studies Rules (TSR), abgeleitet von dem Clubnamen, verpflichtete Dave Arneson, ein Clubmitglied eines anderen Clubs namens Castle and Crusade Society, und schrieb mit ihm zusammen die Urfassung von Dungeons & Dragons, die von TSR im Januar 1974 veröffentlicht wurde.
Soviel zur Vorgeschichte, doch nun wissen wir nicht mehr über Rollenspiele, als daß sie eine Mischung aus Spiel und Roman sind. Doch diesen durchaus brauchbaren Ansatz wollen wir zur genauen Erklärung von Rollenspielen nutzen.

Die Spielregeln

Der Ablauf eines Rollenspiels ergibt sich aus diesen Elementen. Doch zunächst erscheint eine Gruppe von Rollenspielern als etwas ziemlich ungewohntes. Da sitzen nun im Regelfall sechs Personen an einem Tisch, auf dem sich neben Getränken und diversen Knabbereien allerlei Bleistifte, leere Blätter und ziemlich seltsam aussehende Würfel tummeln. Die Spieler haben alle einige lose Blätter in der Hand, abgesehen von einem, der meistens einen dicken Ringordner oder eine Unmenge an farbigen, gebundenen Büchern auf den Knien hat. Diese Spieler diskutieren nun fleißig untereinander, ab und zu wird mal, völlig ohne Zusammenhang, zum Würfel gegriffen, ansonsten fuchtelt man wild in der Gegend herum oder versinkt in tiefes Nachdenken. Kurz und gut, für einen Außenstehenden ist eine Rollenspielrunde, wie sie eben beschrieben wurde, eine sehr seltsame Angelegenheit. Um diese Aktionen genauer erklären zu können, muß man erst einmal den Aufbau eines Rollenspiels kennen.

Die Welt

Grundlage für jedes Rollenspiel ist eine erdachte und in den Regelbüchern (das sind die Ringordner auf den Knien der einen Person...) beschriebene Welt mit allen Gegebenheiten, wie wir sie von unserer Welt her kennen. Nur wirken in dieser Welt Gedanken der Fantasy mit, so sind Elemente der Magie und verschiedene Gottheiten genauso Bestandteil einer Fantasy-Welt wie andersartige Rassen: Elfen, Trolle oder Drachen; alles Teile aus unserer Sagen- und Märchenwelt. Es ist alles festgelegt, über soziale Strukturen, kultureller Stand, Menschen und deren Lebensweisen; kurz und gut: Alles, womit man sich eine Welt real vorstellen kann. Die Grundlage dazu ist meistens ein im frühen oder hohen Mittelalter angesiedelter Zeit- und Handlungsrahmen. Und damit sind wir bei einem Punkt, der elementar ist für ein Rollenspiel: Die Vorstellung! Denn alles, was geschieht oder existiert, findet bei einem Rollenspiel in den Köpfen der Spieler statt.

Der Charakter

Nun wäre ein Spieler natürlich völlig überlastet, wenn er sich alles merken müßte. Das fängt bei der eigenen Spielfigur an, womit wir beim sogenannten Charakter wären, eigentlich nur ein anderes Wort für Spielfigur. Ein Charakter muß schon mehr Aussagekraft besitzen als "Ich heiße Gorrin, bin Krieger mit der Streitaxt, bin etwa 1,80m groß und sehr heldenhaft ... "!
Für jede Situation muß man, wie im wirklichen Leben, auf eine Situation reagieren können. Um dieses Maß an Detailreichtum zu erreichen, gleichzeitig das Ganze aber auch spielbar zu machen, werden die meisten Dinge im Rollenspiel in Zahlen ausgedrückt, mit denen man dann spielt. So besitzt ein Charakter grundlegende Eigenschaften wie jeder Mensch auch und diese werden je nach Spielsystem in Schlagwörter gefaßt, die da z.B. wären: Stärke, Konstitution, Geschicklichkeit, Intelligenz und Charisma. Alle diese Grundeigenschaften bekommen bestimmte Zahlenwerte, mit denen man dann weiter arbeiten kann. So resultieren aus den ersten natürlich erwürfelten Basiseigenschaften dann verschiedene spezielle Fertigkeiten, die beim Springen, Laufen und Verstecken anfangen und beim Reiten, Überreden oder Werfen noch lange nicht enden. Welche Fertigkeiten das im Einzelnen sind oder ob es überhaupt welche gibt, hängt vom jeweiligen Regelwerk ab.
Nun gibt man dem Charakter noch ein wenig Ausstattung (Kleidung, nützliche Gegenstände und natürlich eine Waffe, um das eigene Leben zu verteidigen, denn die Welt ist meistens rauh und voller Gefahren) und das Spiel kann schon fast beginnen. Aber auch nur fast, denn zum Spielen braucht man beim Rollenspiel nicht nur Spieler, sondern auch jemanden, der alles gewissermaßen überwacht.

Der Spielleiter

Diese Person, von vielen Spielern kurz und schlicht "Meister" genannt, ist sozusagen der Schiedsrichter beim Ablauf eines Rollenspiels. Über ihn läuft (fast) jede Aktion, er ist derjenige, der die Regeln von allen am besten beherrschen muß. Außerdem verkörpert er sämtliche Charaktere, die nicht von anderen Spielern gespielt werden; somit auch die Monster, beliebtes Kanonenfutter für Rollenspieler ... .
Der Spielleiter hat den schwierigsten Part beim Rollenspiel und er sollte der erfahrenste Spieler der Runde sein. Er muß nicht nur Regisseur, Darsteller, Komparse und Autor in einer Person sein, sondern er braucht auch ein gewisses Maß an Feingefühl, um mit den Persönlichkeiten anderer Spieler umgehen zu können. Jeder Spieler entwickelt eine andere Art Persönlichkeit im Rollenspiel. Und was das Wichtigste ist; jeder zieht aus dem Rollenspiel eine Menge persönlicher Erfahrungen, die schon viele Rollenspieler auf Situationen des Alltags übertragen konnten.
In diesem Punkt besitzt das Rollenspiel einen ernormen, oft unterschätzten pädagogischen Aspekt.

Wem es jetzt noch immer nicht genügt, den verweise ich auf eine ausführlichere Lektüre, nämlich: "Struktur und Funktion von Fantasy-Rollenspielen" von Peter Kathe oder "Spielleiten: Vorbereitung und Durchführung von Erzähl- und Rollenspielen. Ein Leitfaden für Spielleiter" von Dominic Wäsch. Dort wird alles genauestens auseinander genommen.

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